Der weite Weg zum Du
Artikel in der Süddeutschen Zeitung, 09.02.2018
Unser
Theater
Autisten-Projekt Die Körpermomente stellt sich vor Von LÖBH
Auf
der Bühne stehen fünf Ichs vor mannshohen Spiegeln
und sind auf der Suche nach sich selbst, aber auch nach dem Ich
der Mitspieler.
Foto: Foto: Romi Löbhard
Schwabhausen
Seit knapp einem Jahr leitet Otto Novoa, Begründer und Regisseur
von Unser Theater in Schwabhausen, eine Theatergruppe von
autismus Oberbayern, einer in München ansässigen
Vereinigung zur Förderung von autistischen Kindern, Jugendlichen
und Erwachsenen. Seine bisherige Arbeit mit den sechs Schauspielern mit
autistischem Handicap der Gruppe Die Körpermomente stellte
Otto Novoa nach einem Auftritt im Freizeitheim sDülfer am Hasenbergl
in München nun auch im Saal des Gasthofs Zur Linde in
Schwabhausen vor.
Wir sind von Null gestartet, erklärte Novoa zu Beginn,
haben praktisch ein Theaterstück mit dem Nichts gemacht.
Ausgangspunkt für Die Spiegelchen der großen Wesen
sei Das Ich gewesen und was es bedeutet. Alle Texte und das
Bühnenbild seien in der Gruppe und gemeinsam mit den Schauspielern
entstanden. Die Spiegelchen der großen Wesen ist eine erste
Phase, eine Suchaktion nach Ausdrucksmöglichkeiten, so der
Regisseur, das Stück ist ein ,work in progress.
Deshalb dürften die Zuschauer auch kein dramaturgisch strukturiertes
Theaterstück erwarten. Es sei vielmehr eine Collage von Momenten
und Motiven, durchzogen vom roten Faden des Ich.
Auf der Bühne stehen fünf Ichs vor mannshohen Spiegeln
und sind auf der Suche nach sich selbst, aber auch nach dem Ich
der Mitspieler. Nächste Szene: Nachrichten, Schlagzeilen der vergangenen
Jahre: Nach mehrmaligem Wiederholen werden Satzteile ausgetauscht und
es entstehen witzige, teilweise völlig sinnfreie Dialoge, spontan
und aus der Stimmung heraus, wie die Mitwirkenden am Ende der Vorstellung
erzählen. Bei einer Beschreibung der Jahreszeiten gehen die Spieler
ein Stück weit aus sich heraus, geben bereits einiges preis von ihrem
Ich.
Dieser Eindruck verstärkt sich bei überzeugend gerappten Gedichten
oder bei Gedanken im Käfig, beim Zurückfinden zum Ich.
Eine erste kleine, szenische Darstellung ist Sonntagnachmittag bei
uns zu Hause, eine Persiflage auf das richtige Leben, bei dem sich
mancher Zeitgenosse ertappt gefühlt haben könnte. Am Ende der
Vorstellung waren die Mitwirkenden noch gesprächsbereit, gaben bereitwillig
Auskunft über ihre Proben- und Bühnenarbeit.
http://www.augsburger-allgemeine.de/landsberg/Collage-von-Momenten-und-Motiven-id16033281.html
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